Pfr. Martin Dubberke
Impuls zu Losung und Lehrtext am Mittwoch 20230405 | Bild: Martin Dubberke

Gnade vor Recht

Der Herr liebt Gerechtigkeit und Recht.
Psalm 33,5

Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet.
2. Korinther 8,9

Dass der Herr Gerechtigkeit und Recht liebt, können wir überall in der Heiligen Schrift nachvollziehen. Auch der Mensch liebt im Grunde seines Herzen Gerechtigkeit und Recht. Nur unterscheidet sich das von dem, was Gott eigentlich im Sinn hat. Was Recht und Gerechtigkeit erlebt, können wir in diesen Tagen in einem Prozess in New York nachvollziehen, wo ein ehemaliger US-Präsident vor Gericht steht. Wird dort am Ende wirklich Recht gesprochen werden? Und ist es dann am Ende wirklich gerecht?

Wir erleben Recht und Gerechtigkeit auch bei uns im Land. Da haben wir das Recht, so wie es im Gesetz festgeschrieben ist, und wir haben das Gerechtigkeitsempfinden. Das Recht sagt, dass Männer und Frauen den gleichen Lohn haben sollen, aber ist es in Wirklichkeit auch so? Recht führt nicht unbedingt zu Gerechtigkeit. Oder denken wir an die aktuelle Haushaltspolitik. Im neuen Haushalt wird es wohl nicht die geforderte Kindergrundsicherung geben, während viele andere Dinge finanziell gut ausgestattet werden sollen. Die Kinder sind die Zukunft unseres Landes. Wie war das noch einmal mit der „Zukunftskoalition“? Alles eine Frage der Gerechtigkeit.

Wir haben so viele Dinge in unserem Leben und in unserem Land, die wir vor dem Hintergrund von Recht und Gerechtigkeit immer wieder hinterfragen.

Ist es Euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass sich viele Fragen um Recht und Gerechtigkeit nicht immer unbedingt um rechtliche Fragen drehen, sondern um Fragen der Gerechtigkeit im Hinblick auf wirtschaftliche Dinge? Es gibt Menschen, die finden es nicht gerecht, dass so viele Menschen aus anderen Ländern bei uns Zuflucht finden und damit von unseren Steuergeldern auch noch alimentiert werden. Es gibt auch Menschen, die an der Tafel anstehen und der Meinung sind, dass Flüchtlingen ihnen etwas wegnehmen und das als ungerecht empfinden. Und dann gibt es Menschen, die das Bürgergeld als ungerecht empfinden. Ich glaube, dass das eine Liste ist, die ich noch lange fortsetzen könnte, wenn es um Gerechtigkeit und das Empfinden von Gerechtigkeit geht.

Für Gott ist Gerechtigkeit, wenn jeder das gleiche Recht hat, wenn jedem das Gleiche zur Verfügung steht, nämlich die gleichen Entwicklungschancen. Und schauen wir uns mal an, wie Gott einst die Welt geschaffen hat, nämlich so, dass für alle genug da war, dass alles in einem Gleichgewicht war. Auch das ein Beispiel für Gerechtigkeit. Und heute? Es gibt kein Gleichgewicht mehr und das ist nicht gerecht, weil dieses Ungleichgewicht zu Lasten vieler geht.

Ich habe eine ganze Weile über den Lehrtext heute nachgedacht und mich gefragt, was der mir heute Morgen sagen soll. Obwohl Jesus reich war, wurde er arm um unseretwillen, auf dass wir durch seine Armut reich würden. Wie kann Armut reich machen? Armut befreit uns von Luxusproblemen und konzentriert uns auf das Wesentliche. Könnte es vielleicht das heißen? Und dann fällt mir mit einem Male ein, dass ich mich mal wieder von Armut und Reichtum ablenken lasse. Es geht nämlich um die Gnade. Und ich habe heute Morgen das Gefühl, dass es vor allem die Gnade ist, die Recht und Gerechtigkeit miteinander verbindet. Recht und Gerechtigkeit scheint mir ohne Gnade nicht realisierbar. Vielleicht sollten wir einfach mal darüber mehr miteinander nachdenken, wie Gnade unser Miteinander verändern kann.

Pfarrer Martin Dubberke, Gedanken zu Losung & Lehrtext vom 5. April 2023

Pfr. Martin Dubberke
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