Achtet genau darauf, dass ihr den Herrn, euren Gott, liebt und wandelt auf allen seinen Wegen.
Josua 22,5Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein.
Johannes 12,26
Was wäre, wenn wir Menschen alles auf den Wegen Gottes wandeln würden? Die Frage darf man ja angesichts der Losung heute mal stellen.
Gut, da täten sich mancherlei Schwierigkeiten auf, weil die unterschiedlich glaubenden Menschen, die Wege sicherlich verschieden interpretieren würden. Ein besonders aktuelles Beispiel ist hier die Frage der Waffenlieferungen in die Ukraine. Da gibt es die Christinnen und Christen, die – wie die einstige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käsmann – Kanzler Scholz auffordert, die Waffenlieferungen zu stoppen. Und dann gibt es die Christinnen und Christen, die Waffenlieferungen befürworten. Zwei Reaktionen auf die Forderung von Margot Käsmann machen deutlich, wie schwierig es ist, gemeinsam auf den Wegen Gottes zu wandeln. Der Göttinger Kirchenrechtler Hans Michael Heinig twittert z.B.:
Eigentlich deprimierend ist nicht die Positionierung von MK (hinlänglich bekannt), sondern das bleierne Schweigen weiter Teile der evangelischen Kirchenleitungen. So wird die Bühne frei für diese zynische Traumtänzerei. https://t.co/MHopimM2ZY
— @hmheinig (@hmheinig) February 11, 2023
Und die Hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr twittert:
Die unfassbaren Kriegsverbrechen und die brutalste Umsetzung lang angekündigter imperialer Phantasien vor aller Augen verbieten es mir als Christin, meine Sehnsucht nach Frieden rücksichtslos vor das Leid der Menschen in der Ukraine zu stellen. #widerwort #brief
— Petra Bahr (@bellabahr) February 11, 2023
Ich finde insbesondere die Reaktion von Petra Bahr spannend, weil sie auch den inneren Konflikt deutlich macht, der sich auf den Wegen Gottes ergeben kann. Petra Bahr bringt sehr deutlich zum Ausdruck, was Nächstenliebe in letzter Konsequenz bedeutet.
Und Hans Michael Heinig weist darauf hin, wie schwierig es ist, eine gemeinsame Orientierung auf diesen Wegen zu finden. Denn nicht anders ist das „bleierne Schweigen“ – wie er es nennt – zu verstehen.
Es ist also nicht so einfach mit den Wegen Gottes, wie es auf den ersten Blick scheint. Wir alle kennen die Momente vor dem Navi, das uns verschiedene Routen zum gleichen Ziel anbietet und dann der Disput im Auto beginnt, welche der vier Routen man nimmt: Die, auf der man am schnellsten zum Ziel kommt, oder die, auf der man den schönsten Blick auf die Landschaft hat oder die mit den besten Straßenverhältnissen?
Und jeder in diesem Disput glaubt immer den besten Weg zu kennen. Doch jeder Weg birgt nun einmal seine eigenen Gefahren und Risiken. Und in einem Krieg scheint mir das Prinzip mit der linken und der rechten Wange nicht zu funktionieren.
Es gibt aber in der Losung einen ganz wichtigen Hinweis darauf, wie wir uns verhalten sollen:
Achtet genau darauf…
Ja, achtet genau darauf. Es geht um das genaue Hinschauen, welcher Weg jetzt gefordert ist. Und damit geht es auch um das Aushalten des Disputs. Und es geht ebenfalls darum, den Weg von seinem Ziel her zu denken. Diesbezüglich gibt es in der Losung es noch einen weiteren Hinweis:
…liebt und wandelt auf allen seinen Wegen.
Es geht nämlich nicht nur allein ums Wandeln, sondern in erster Linie um die Liebe auf seinen Wegen. Nikolaus Ludwig von Zinzendorf hat es aus meiner Sicht auf den Punkt gebracht:
Die Liebe wird uns leiten,
den Weg bereiteten
und mit den Augen deuten auf mancherlei,
ob’s etwa Zeit zu streiten,
ob’s Rasttag sei.
Wir sehen schon von weitem
die Grad und Zeiten
verheißner Seligkeiten:
nur treu, nur treu.
Die Liebe wird uns leiten. Wir sollen nicht nur auf den Wegen Gottes wandeln, sondern uns auch auf den Wegen des Herrn lieben. Beides gehört zusammen. Und wenn beides zusammenkommt, dann ist auch Frieden möglich.
Pfr. Martin Dubberke, Gedanken über Losung & Lehrtext vom 12. Februar 2023
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