Pfr. Martin Dubberke

…, dass dir all mein Leben und Tun gefalle

Ich weiß ja nicht, wie Sie so den Tag beginnen. Vielleicht gehen Sie zuerst unter die Dusche, um wach zu werden oder werfen die Kaffeemaschine an. Ich für meinen Teil mache mir mit meinem Espressokocher einen schönen starken Kaffee und mit dem ziehe ich mich dann wieder in mein Zimmer zurück, um den Tag mit einer Morgenandacht zu beginnen. Ich könnte auch sagen, dass das meine morgendliche Tasse Kaffee mit Gott ist. Ein fester Bestandteil dieser Kaffeerunde ist immer Luthers Morgensegen. Der steht auch im Gesangbuch unter der Nummer 815. Und Morgen für Morgen bleibe ich an den gleichen Worten hängen:

…, dass dir all mein Leben und Tun gefalle.

Und dann stelle mir die Frage, wie das denn wohl am Abend sein wird, wenn ich meine letzte Verabredung mit Gott habe, was ich ihm dann wohl erzählen werde. Da bete ich ja mit Luthers Worten:

…und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan habe,…

Mit der morgendlichen Bitte, mich vor Sünden und allem Übel zu bewahren, mache ich deutlich, dass ich nicht perfekt bin, dass ich sehr wohl weiß, dass ich im Laufe des Tages an der einen oder anderen Stelle schwach werde oder werden könnte, die Haltung oder Fassung verliere, manchem Menschen vielleicht nicht mit der gebührenden Ruhe und Offenheit begegne, ja sogar gemein werden könnte, weil er mich nervt. Die Worte Martin Luthers erinnern mich jeden Morgen daran, dass ich jemanden in meinem Rücken habe, an den ich mich anlehnen kann, wenn ich das Gefühl habe, schwach zu werden und der Versuchung nicht widerstehen zu können. Vielleicht denkt ja der eine oder andere von Ihnen nun auch, dass ich mit den Worten „dass dir all mein Leben und Tun gefalle“ mich nur an Gott ranschmeiße und angepasst leben will. Wobei, jetzt da ich es schreibe, finde ich das Wort „angepasst“ gar nicht so schlecht. Das heißt ja nichts anderes, als dass ich mich an die Gebote halte, die Spielregeln, die uns Gott mit auf unseren Weg gegeben hat, damit es zwischen uns Menschen und dem Rest der Schöpfung läuft.

Aber, gelingt es mir auch den ganzen Tag? Gelingt es mir, wenn ich im Stress bin und dann noch eine andere Aufgabe hinzukommt, oder, wenn ich müde bin und mich kaum noch konzentrieren kann und mir dann einer von der Seite kommt? Tja, und dann kommt der Abend, die Zähne sind geputzt; ich lasse noch einmal zusammen mit Gott meinen Tag Revue passieren und stelle fest, dass mein Leben und Tun ihm nicht durchgehend gefallen haben kann. Damit ist die Erkenntnis verbunden, nicht perfekt zu sein, meine eigene Fehlbarkeit zu erkennen und daher auch milder mit der Fehlbarkeit der anderen umzugehen. Denn ich bin ein Sünder und so bitte ich: „…du wollest mir vergeben alle meine Sünde,…“ Zum Vergeben gehört aber auch die Umkehr. Und das ist die eigentliche Herausforderung, denn der nächste logische Schritt ist es, auf den anderen, dem ich Unrecht getan habe, zuzugehen und ihn um Vergebung bitten, damit die Beziehung zwischen uns wieder heilen kann. Nebenbei gesagt, man kann den anderen auch zu einer Tasse Kaffee einladen. Das macht es vielleicht ein wenig einfacher. Und gemeinsam Kaffee zu trinken ist immer der Beginn von einem Gespräch.

Der Text ist in der Reihe ANgeDACHT am 8. April 2019 auf lafim.de erschienen.